Wenn wir uns von nicht mehr benötigten Produkten und Praktiken verabschieden, ersetzen wir sie meist durch Innovationen. So etwas findet in Unternehmen fast täglich statt. Zum Beispiel immer dann, wenn man veraltete Werkzeuge, Verfahren und Anwendungen abschafft und Neuerungen einführt. In solchen Fällen tritt ein besseres B an die Stelle des alten A. Freilich, wer mehr will, wer sich weiter nach vorne bewegen, Veränderung gestalten und neue Richtungsentscheidungen vorgeben will, braucht zusätzlichen Raum. Freiraum für Ideen, Entwicklung. Den schafft man am besten durch grundsätzlicheres Aufräumen, Ausräumen, Abschaffen. Man nennt das Exnovation: Dinge gezielt und womöglich ersatzlos beenden. Ende offen, Endzweck Öffnung – auch für Ungewisses...
Es lohnt sich, sich in weniger hektischen Phasen des Bau-Jahres, also zum Beispiel jetzt im Februar, kritisch zu überlegen, wo und wie sich im Unternehmen solcher Freiraum schaffen lässt. Dafür kann man sich einfach einmal ein paar Fragen stellen. Einige Antwortmöglichkeiten findet man vielleicht sofort, anderes ergibt sich nach und nach. Ausgangspunkt ist immer: Wovon will, kann oder muss ich mich sinnvollerweise verabschieden? Nicht immer muss dann anderes an die Stelle treten. Exnovation bedeutet unter Umständen, dass man etwas völlig aufgibt. Punkt. Ergebnis kann beispielsweise sein, dass die Firma dann ein bisschen weniger erwirtschaftet, sich aber auch von Belastungen, Stressfaktoren und deren erheblichen Folgekosten befreit.
„Eigentlich nicht meine Baustelle“: Bin ich so oft selbst mit auf der Baustelle im Einsatz, dass Kapazität für Führungsaufgaben fehlt oder Überstunden zur Regel werden? Welche Organisations- und Personalmaßnahmen können mich für meine eigenen Aufgaben befreien?
Nicht mehr alles können müssen: Bin ich womöglich mega breit aufgestellt und ist das gut für mich? Welche Auswirkung hat das Immer-Alles-Macher-Image auf mein Profil? Wird es meinen Leistungsstärken, meinen Interessen und den für uns interessantesten Markttrends gerecht?
Weg mit „weiter so“: Nicht alle einzelnen Bereiche und Auftragsarten sind wirtschaftlich gleich erfolgreich. Wo bringt es mehr, Schwerpunkte zu setzen, sich zu spezialisieren? Was rechnet sich? Was kann ich – ohne dem nachzuweinen – streichen?
Tschüss, Stressmacher: Habe ich regelmäßig Kundentypen dabei, die mehr Frust als Lust bringen? Bin ich auf die überhaupt angewiesen? Wie kann ich nur noch Wunsch-Kunden gewinnen?
Trennung vom Trott: Werden unterschiedliche individuelle Gewohnheiten geduldet, wo verbindliche gemeinsame Regeln nötig wären?
Überholtes überdenken: Gibt es Haltungen im Unternehmen, die nichts bringen oder „out“ sind? Erkenne ich irgendwo Sperren, Bildungs- und Beratungsbedarf?
Es geht also nicht nur wie sonst um die üblichen Veränderungen, das eine durch das andere abzulösen. Derlei Innovation passiert zum Teil automatisch. Exnovation hingegen fordert Entscheidungen. Exnovation bedeutet, Prozesse und Strukturen grundsätzlich und mit Mut zur Lücke auf den Prüfstand zu stellen: ob man noch ganz bei seinen Kernkompetenzen ist, ob man falsche Routinen aufgeben muss, ob man wirklich alles braucht, was man macht und hat. Exnovation bedeutet Loslassen, Weglassen, setzt dem „immer mehr“ ein entschlossenes „wird das so überhaupt noch gebraucht?“ entgegen. Das kann sehr wohltuend sein, gefühlsmäßig und vor allem auf lange Sicht durchaus auch wirtschaftlich.
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